Zuweilen wetterleuchten am fernen Horizont Utopien auf, die mit dem Alltag kaum etwas gemeinsam haben – mit Tagträumen dafür umso mehr. Für einige bedeuten dies abenteuerliche Reisen in ferne Länder. Tian Shan Tours lässt solches Träumen wieder zu, ja manchmal gar konkret werden. Meine ausgeschriebenen langen Reisen, die ich jeweils Projekte nenne, sind ebenfalls vielen andern grossen Vorhaben verwandt: Wie das Leben sind sie singulär und wiederholen sich nicht.
Ich kenne meine Grenzen – sie enden nicht erst hoch am Himmel. Das Projekt Altiplano 2014 darf dennoch unbescheiden als aussergewöhnlich bezeichnet werden. Das beginnt schon schlicht mit der geplanten Route. Ich konzipierte die Reise als Einheit, und zwar so, wie ich mir idealerweise ein vertieftes Kennenlernen von Land und Leuten, Kultur und Natur eines Grossraumes wünsche, und dies als aufmerksamer Reisender und nicht etwa als wissenschaftlicher oder akademischer Forscher.
Es sind nicht die einzelnen Perlen einer Kette, sondern die Perlenkette als Ganzes, die das Schmuckstück zum Glänzen bringen. Dazu braucht es in erster Linie Zeit – für die Andenregion im Norden Argentiniens und Chiles sind das gut drei Monate. Wie schon bei den früheren langen Biketouren durch den Pamir oder nach Patagonien steht nicht die sportlerische Leistung im Fokus. Für unsere Reise wählen wir als primäres Transportmittel das Velo, weil es uns einerseits bei vernünftigem Einsatz Strecken und Höhenmeter physisch erfahren lässt, und uns gleichzeitig ermöglicht, die Welt um uns in einem Tempo wahrzunehmen, wo auch die stets langsamere Seele noch folgen kann.
Mit dem Velo über die Anden im Norden von Argentinien und Chile
Das Altiplano-Projekt 2014
Im Hinblick auf ein mögliches Projekt Altiplano mit dem Bike bereisten meine Partnerin Gaby und ich im Februar/März 2011 Chile und Argentinien mit einem Auto. Wir starteten in Santiago de Chile und überquerten die Anden vier Mal bis wir in Antofagasta wieder den Pazifik erreichten. Die Frage allerdings, welches nun die ultimative Andenroute für Velofahrer sei, kann ich nach wie vor nicht schlüssig beantworten, denn zu mannigfaltig sind die Kriterien, nach denen entschieden werden kann.
Gewiss ist hingegen, dass beinahe alle Velo-Langzeitreisenden auf dem Weg nach Feuerland stets die klassische Nord-Süd-Route wählen: Sie überqueren von Bolivien kommend die Grenze zu Argentinien und folgen danach – mas o menos – der legendären Ruta 40 südwärts bis Bariloche, von wo man relativ bequem über den Cruce Andino nach Puerto Montt in Chile übersetzt und anschliessend auf der faszinierenden Carretera Austral südwärts pedalt.
Auf unserer Altiplanotour erkunden wir den Norden Chiles und Argentiniens und überqueren dabei die Andenkette mindestens zwei Mal über die höchsten Pässe zwischen den beiden Ländern; die Passstrassen, seien sie nun asphaltiert oder geschottert, befinden sich in ausgezeichnetem Zustand. Was jedoch für Velofahrer wohl noch mehr zählt, ist, dass die gewählte Route nur wenig von Autos befahren wird. Ein „Besenwagen“ wird uns auf der Tour begleiten, so dass wir nicht alles Gepäck auf den Velos transportieren müssen. Trotzdem sind zumindest zwei hintere Satteltaschen unabdingbar.
Die Tour Altiplano 2014 gliedert sich grundsätzlich in zwei Hauptteile und einen Mittelteil. Der erste Hauptteil – Buenos Aires nach Copiapó (Chile) – teilt sich abermals in zwei sich ausschliessende Reisen: in eine Reise mit Pferdetrekking oder in eine ohne. Das wirkt sich nicht nur im Preis und der Erlebnisvielfalt aus, sondern vor allem sind auch die Daten leicht verschieden. Die Tour kann mannigfaltig in Teilstücken gebucht werden – bitte vergleichen Sie dazu den Punkt Anmeldungen. Nachfolgend finden Sie kurz skizziert die Reiseroute.
Altiplano 1 (war ausgebucht)
Mit Pferdetrekking:
Von Buenos Aires nach Copiapó (Chile); ca. 1100 Km
26. Jan. – 8. März 2014; 42 Tage, CH 9650
Ohne Pferdetrekking:
1. Februar – 6. März 2014; 34 Tage; CHF 7800
Zusammen mit unseren Fahrrädern fliegen wir von Zürich-Kloten über Madrid nach Buenos Aires. Wir übernachten dreimal in der europäischsten Metropole Lateinamerikas: Es lohnt sich, von ihr ein sattes Auge voll zu nehmen. Anschliessend Weiterflug nach Mendoza am östlichen Fuss des Andenkammes. Auch in Mendoza, bei uns auch bekannt als bedeutendes Weinanbaugebiet, bleiben wir für zwei Nächte.
Dann allerdings gilt es ernst und wir satteln unsere Stahlrosse. Nach zwei Tagen werden wir den kleinen Ort Uspallate im andinen Vorgebirge erreichen. Die Landschaft hier soll derart tibetischen Landstrichen ähnlich sein, dass Jean-Jacque Annaud für seine Verfilmung der Autobiographie Heinrich Harrers – Sieben Tage in Tibet – mit Brad Pitt in der Hauptrolle, Uspallate als Drehort wählte, weil sowohl Indien wie auch China die Dreharbeiten auf ihrem Territorium verboten hatten. In der Nähe besuchen wir noch die in Argentinien südlichsten Zeugnisse der Inkazeit. Von hier aus folgen wir nicht der grösseren, legendären Ruta 40, sondern wählen zuerst die Ruta 149 bis Barreal und Calingasta. Kurz vor der kleinen Ortschaft Barreal gibt es einer moderne Sternwarte, wo wir bei gutem Wetter campieren werden und nachts den unglaublich klaren Sternenhimmel bestaunen werden.
In Barreal startet auch unser Trekk zu Pferd hoch in die Anden bis zur chilenischen Grenze auf über 4000 Meter Höhe. Die achttägige Tour, die ich mit Überzeugung empfehle, bringt uns nicht nur die Mentalität der Gauchos auf einmalige Art nahe, sie öffnet auch eindringlicher und nachhaltiger als vieles andere einen Blick in eine uns fremde Welt. Von Calingasta aus dann wenden wir uns ostwärts nach der Provinzhauptstadt San Juan, die, 1562 gegründet, 1944 beim bislang schwersten Erdbeben Argentiniens total zerstört wurde.
Wir bleiben nur über Nacht und pedalen weiter nordostwärts zu den beiden phantastischen Natur- und Nationalparks Ischigualasto und Talampaya, wo wir je einen Tag verbringen werden. Die beiden Reservate, die zum UNESCO-Erbe gehören, faszinieren nicht nur mit einer einmaligen „Mondlandschaft“, es sind auch bedeutende Fundstätten von Dutzenden äusserst gut erhaltenen versteinerten Skeletten von Dinosauriern.
Über den selten befahrenen, nur bis Ende Februar auch geöffneten, über 4000 Meter hohen, Paso de Pircas Negras gelangen wir nach Chile und gelangen in das freundliche Copiapó am Rande der Atacamawüste. Wer nur die erste Tour – ob mit oder ohne Pferdetrekking – unter die Räder nimmt, fliegt von Copiapó nach Santiago de Chile, verbringt dort noch einen Tag und fliegt nach knapp fünf (oder mit Pferdetrekking: sechs) intensiven Wochen wieder zurück in die Schweiz.
Das Mittelstück
Das zwischen den beiden Biketouren liegenden zwei Wochen können als Einzeltrip nicht gebucht werden. Es ist jedoch möglich, die erste Tour um diesen Teil in den Norden zu verlängern. Für TeilnehmerInnen der zweiten Tour ist es ebenfalls möglich, vorgängig zur zweiten Velotour-Etappe (von Copiapó nach Salta) dieses mittlere Stück zu buchen. Mit unserem „Besenwagen“ – ein 4×4 Pickup – und allenfalls mit einem zusätzlichen Fahrzeug fahren wir zuerst in eine der ältesten und die, durch den Salpeter reich gewordene, schönste Stadt des Nordens: Iquique. Die Stadt, klimatisch begünstigt, ist auch beliebt als Badeort; neben langen Sandstränden lockt auch die Wassertemperatur des pazifischen Ozeans, die ganzjährig hier um gut 20° Grad liegt. Von dort aus wenden wir uns ostwärts in die Anden, zuerst zum Nationalpark Salar de Huasco und von dort aus auf kleinsten Strassen und Pisten nördlich an die bolivianische Grenze. Wir treffen unterwegs archaische Indiodörfer der Aymaras, durchmessen die über 4000 Meter hohe Ebene des Reserva Nacional de Vicuña, die von etlichen 6000 Meter hohen Vulkanen umgeben ist. Bei Arica, an der peruanischen Grenze gelangen wir dann wieder an den Pazifik, von wo aus wir der Küste entlang und durch die Atacamawüste zurück nach Copiapó fahren.
Altiplano 2 (war ausgebucht)
Von Santiago de Chile nach Salta (Argentinien)
16. März – 18. April 2014 ; 34 Tage ; CHF 7800
Flug von Zürich nach Santiago de Chile. Für zwei Nächte bleiben wir in Chiles Haupstadt, bevor wir nach Copiapó weiterfliegen, wo wir den Teil der Gruppe treffen, der beide Touren undter die Räder nimmt. Am übernächsten Tag dann radeln wir den Anden entgegen.
Der San Francisco Pass zählt mit seinen über 4700 Metern zu den höchsten Andenübergängen, eine Knacknuss, selbst für Automobilisten, sind auch die Distanzen: Zwischen Copiapó und Fiambala in Argentinien liegen 500 Kilometer ohne Laden oder Benzinzapfsäule. Bei der Laguna Santa Rosa werden wir Flamingus sehen und Guanacos; der erste richtige, weiss glitzernde Salzsee taucht wenig später auf.
Und die Hochebene ist rundum gesäumt von den schneebedeckten und vergletscherten Vulkankegeln; kurz vo der Passhöhe sehen wir nahe vor uns den höchsten Vulkan der Welt, den 6891 Meter hohen Ojos del Salado. Phantastisch ist dann auch die ellenlange Abfahrt von der Passhöhe nach Fiambala. Mit dem Verlust der Höhe und dem vor allem auch im Winter feuchteren Klima ändert sich auch die Landschaft: Die Wüste weicht pampinen Sierren, einem oft mit Büschen und Gras bewachsenen Vorgebirge, das oft in verschiedensten Grüntönen sich bis an den Horizont erstreckt. Auf unserer Fahrt nach Norden treffen wir auch Überreste alten von Inka- und Diaguita-Sidlungen, in Cafayate kommen wir nochmals in ein grossen, hoch gelegenes Weingebiet, wir streifen kleinere aus der frühen Kolonialzeit stammende Städtchen und überqueren dann nochmals einen Bergzug, die Cuesta del Obispo, bevor wir definitiv in eine grüne, fast schon subtropische Klimazone kommen und Salta, die charmante, lebendige Provinzhauptstadt am Fuss der Anden, nicht mehr weit entfernt ist. Für diejenigen, die keine zusätzliche Verlängerung gebucht haben, geht die Reise hier zu Ende. Nach einem Tag Aufenthalt fliegen Sie nach Buenos Aires und von dort zurück in die Schweiz.
Die Verlängerung
Wir andern erholen uns zwei Tage auf einer Hazienda, die schon im Einzugsgebiet des Chacos gehört. Zum Territorium der Hazienda gehört auch ein kleiner Naturpark. Wieder zurück in Salta, machen wir uns mit dem Tren a las Nubes auf nach San Antonio de los Cobres und zum atemberaubenden 63 Meter hohen Eisenbahnviadukt La Polvorilla auf 4420 Meter über Meer.
Wir übernachten in San Antonio und machen uns am Tag darauf mit den Rädern wieder auf, um über den Paso de Sico – höchste Erhebung über 4500 Meter – wieder nach Chile zu wechseln. Unser Ziel ist San Pedro de Atacama, zugegeben, heute auch ein Touristenspot, dennoch spektakulär gelegen. Bevor wir zurück nach Santiago de Chile fliegen, werden wir noch die Geysire von Tatio besuchen, die ein phantastisches Schauspiel im Morgengrauen abgeben. Wer die gesamte Tour mitmacht, fliegt am 95. Tag nach der Abreise wieder zurück in die Schweiz – wie alle andern auch: voll an unvergesslichen Eindrücken und Begegnungen.